"Black Panther 2: Wakanda Forever": Kleine Flügelchen flattern an seinen Knöcheln (2024)

Ryan Cooglers "Black Panther" begründete 2018 das aktuell aufregendste Superhelden-Franchise. Teil zwei ist ein ebenso spektakulärer, politisch aufgeladener Bildersturm.

Eine Rezension von Julia Lorenz

"Black Panther 2: Wakanda Forever": Kleine Flügelchen flattern an seinen Knöcheln (1)

Zu den schönsten Szenen in Superheldenfilmen zählen oft die Momente, in denen Knallbuntes und Fantastisches auf die Graubrotigkeit der Realität trifft. In Black Panther 2: Wakanda Forever gibt es so einen Moment gleich zu Beginn. Da nämlich rauscht Ramunda (Angela Bassett), Königin des fiktiven afrikanischen Staats Wakanda, in eine Versammlung der Vereinten Nationen, um ihren diplomatischen Pflichten nachzukommen. Die Frauen in der Leibgarde an ihrer Seite tragen Glatze, leuchtende Farben und sind von einer Zackigkeit, die allen Anwesenden die Sprache verschlägt, während die Königin selbst gewandet ist wie für ein Vogue-Shooting. Eine spacige Delegation vom afrikanischen Kontinent inszeniert hier den ganz großen Auftritt, mit Mode und Frisuren, die auffallen in der Welt der Beamtenseelen, und genau deshalb gerade recht sind. Womöglich sind es solche Bilder, derentwegen erneut Hunderttausende Menschen das zweite Abenteuer im Fantasiereich Wakanda im Kino sehen wollen.

Die Premiere von Black Panther im Jahr 2018 war ein Großereignis, eine absurd erfolgreiche Revolution in der Welt der Film-Franchises, und das in vielerlei Hinsicht. Zum einen schaffte es Regisseur Ryan Coogler, erstmals für einen Film aus dem Marvel-Comicuniversum einen fast ausschließlich Schwarzen Cast zu versammeln, zum anderen trug der Film die aktivistische Aufbruchstimmung der Zehnerjahre in die Welt des Blockbuster-Kinos.

Black Panther erzählte die Geschichte des Schwarzen Königs T'Challa und seines Reichs Wakanda. Die kleine Nation in Afrika lässt alle glauben, sie sei bitterarm und krisengebeutelt, während sie dem Rest der Welt in Wahrheit weit voraus ist. Seit einem Meteoriteneinschlag besitzt das Land eine unschlagbare Rohstoffquelle: das nur in Wakanda vorkommende Supermetall Vibranium. Um sich vor den Begehrlichkeiten weißer Unterdrücker zu schützen, hat sich Wakanda unter einem gigantischen Tarnschirm für die restliche Welt unsichtbar gemacht. In dieser Ausgangslage, über deren Schlüssigkeit man wie bei vielen Superheldenfilmen nicht übermäßig intensiv nachdenken sollte, steckte eine Frage, die auch Vertreter des Afrofuturismus umtreibt: Was wäre passiert, wenn der afrikanische Kontinent nie kolonisiert worden wäre?

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Die jüdischen, weißen Comiczeichner Stan Lee und Jack Kirby haben die Figur des Black Panther in den Sechzigern geschaffen, wenige Monate, bevor sich die Black Panther Party als marxistische Widerstandsgruppe formierte. Zu den Einflüssen des Comics kann man unter anderem den Science-Fiction-inspirierten Jazz von Sun Ra und seinem Arkestra zählen, der verbunden war mit der Vorstellung, die Zukunft der Schwarzen Community liege weit draußen im Weltall. Schon im Jahr 1992 hatte Wesley Snipes erfolglos versucht, eine Verfilmung des Comics in die Wege zu leiten, aber offenbar sollte das Publikum in den Neunzigern über Schwarze Superhelden lieber lachen als staunen. Filme wie Blankman und Meteor Man waren Komödien, keine klassischen Heldengeschichten. Für Figuren wie den von Wesley Snipes selbst verkörperten Vampirjäger Blade wiederum spielte Blackness keine allzu tragende Rolle.

In Black Panther hatte man es plötzlich zu tun mit einer afrikanischen Nation, deren Geschichte und Traditionen ihr – ganz wörtlich gesprochen – Superkräfte verleihen. Damals kämpfte T'Challa, der sagenumwobene Black Panther, gegen seinen Cousin Killmonger, der straight outta Oakland nach Wakanda gekommen war, um Anspruch auf den Thron zu erheben. Was nach kaum mehr als einem dramatisch ausgetragenen Familienzwist klang, war durchaus eine brisante Sache, denn dieser Killmonger trat zwar auf wie ein brutales Arschloch, hatte aber auch seine Gründe dafür: T'Challas Vater, der zu Beginn der Handlung verstorbene frühere König von Wakanda, hatte seinen Bruder (und damit Killmongers Vater) N'Jobu umgebracht, weil dieser Vibranium aus dem Königreich in die USA geschmuggelt hatte. N'Jobu wollte auch Schwarzen Menschen außerhalb des hermetisch abgeriegelten Imperiums mit seinen Ressourcen helfen.

Es ging in Black Panther also um das Leben in Wakanda, um Schwarze Hightech-Utopien als lässige Selbstverständlichkeit, aber auch um die Frage, wie edel und gut diese fortschrittlichste aller Gemeinschaften wirklich sein kann, wenn sie ihre Geschwister vor den Toren Wakandas dem Elend überlässt. Letztlich ließ der weise Herrscher sich überzeugen: Black Panther endete damit, dass König T'Challa sein Reich öffnete, um der Welt zu helfen.

Die Fortsetzung beginnt nun damit, dass König T'Challa stirbt. Nicht im Krieg, sondern durch eine nicht näher genannte Krankheit findet der Black Panther seinen Tod, was man erzählerisch faul finden könnte, wäre der Kontext kein wirklich tragischer. Der Schauspieler Chadwick Boseman, der T'Challa verkörpert hatte, ist vor zwei Jahren an Krebs gestorben. Dass sein Charakter nun also nicht im Gemetzel umkommt, während am Ende noch ein anderer Schauspieler unter der Panthermaske steckt, kann man als respektvolle Hommage an Boseman verstehen. Das Thema Trauer überwölbt die Handlung: Statt mit den unglaublichen Großstadtsequenzen aus dem ersten Film beginnt Wakanda Forever mit getragenen Bildern traditioneller Totenzüge.

Erschwerend kommt hinzu, dass T'Challa seiner Mutter Ramonda, die nach seinem Tod Wakanda regiert, ein kompliziertes Erbe hinterlassen hat. Denn im zweiten Teil des Abenteuers passiert, was unvermeidlich ist, wenn eine Nation ihre Grenzen öffnet: Das zuvor isolierte Wakanda findet sich inmitten globaler Konflikte wieder. Nicht nur, dass französische Spione versuchen, in die Labore des Landes einzudringen; die trauernde Königin und ihre Tochter erhalten auch noch Besuch von Namor (Tenoch Huerta), dem König des Unterwasserreichs Talocan, das zur Überraschung des wakandischen Herrscherstabs ebenfalls im Besitz von Vibranium ist.

Namor, ein Mutant aus Mensch und Wasserwesen, will sich mit Wakanda verbünden, um einen Krieg gegen die gesamte Welt an der Oberfläche vorzubereiten. Weil Ramonda und ihre Berater davon nicht überzeugt sind, macht sich ihre Nation Namor zum Feind. Der König mit Superkräften zu Lande, zu Wasser und in der Luft (kleine Flügelchen an den Knöcheln hat er nämlich auch noch) ist zwar einerseits ein klassischer, grausamer Antagonist, andererseits ähnlich vielschichtig wie die Figur des Killmonger im ersten Teil. Schließlich kommt Namors Furcht vor den Menschen an der Wasseroberfläche nicht von ungefähr.

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Author: Chrissy Homenick

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